Dienstag, 28. Dezember 2021

Jahresrückblick Hallstatt 2021

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und ein kleiner Blick in die Übersicht der heurigen Blogs verrät schon: Es war wieder ein sehr ereignisreiches Jahr! 

Zu diesem Anlass, sowie zur Feier, dass es unser Blog wieder in die Shortlist für die Wahl des „Wissenschafts-Blog des Jahres“ des Blogs "Wissenschaft Kommuniziert" geschafft hat, werfen wir noch einen Blick auf die Meilensteine der Hallstattforschung 2021.

Die Airgun verstaut und montiert am
 
Boot der Feuerwehr Hallstatt. 
(Bild: K. Kowarik – NHM Wien)
Bereits früh im Jahr fand sich ein internationales Team in Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck auf dem Hallstättersee ein. Dort wurde der Seeboden zunächst mit einer "Airgun" abgetastet, um vergangene Ereignisse im See (Massenbewegungen, Sedimentation, etc.) zu rekonstruieren.

Folgend konnten gleich zwei Forschungsmeilensteine realisiert werden. Nach über 10 Jahren intensiver Vorarbeit ist es den Teams um Kerstin Kowarik und Michael Strasser gelungen, sowohl im Hallstätter See als auch im Grafenbergsee (Groundcheck-Programm, DAI) Sedimentschichten der letzten Jahrtausende zu erbohren. Damit wird es sowohl für die Region um den Hallstätter See als auch für das Dachsteinplateau möglich sein, die Mensch-Umweltbeziehung der letzten 12.000-14.000 Jahre zu rekonstruieren als auch die Entwicklung dieser einmaligen Landschaft von der Eiszeit zur Urlandschaft weiter zur Industrie- und Kulturlandschaft bis hin zur Tourismus- und UNESCO-Landschaft nachzuzeichnen. Dieses Projekt überdauert 2021 und wird wohl auch die nächtsen Jahre noch spannende Erkentnisse um das Leben und Schaffen in der Hallstätter Region liefern. 


Die Kerne aus dem Grafenbergsee wurden im Labor der
Universität Innsbruck geöffnet.
(Fotos: K. Kowarik - NHM Wien, K. Hofmann - DAI)

Apropos See und Boote: nicht nur moderne high-tech- sondern auch prähistorische Wasserfahrzeuge standen im vergangenen Jahr erneut im Fokus. Hier wurde das bereits zweite Fellboot von einer Gruppe Studentinnen aus Weidenzweigen und Rohhaut gebaut. Damit sind wir nicht nur dem Ziel den Salztransport in der Region besser zu verstehen, sondern auch dem Traum einer Halstattsee-Armada (😉), wieder einen Schritt näher gekommen. 

Fellboot für den Salztransport Nummer zwei wurde mit
der Erfahrung des ersten gebaut und verbessert.
(Foto: H. Reschreiter - NHM Wien)



Der alte Querschnitt durch das Kernverwässerungswerk und
 die Fundstelle vor der Sanierung. Nach den Arbeiten ist nun
der Gesamte Bereich wieder zugänglich und untersuchbar.
(Modell: D. Brandner - NHM Wien)

Gleichzeitig wurde im Berg fleißig an der Sanierung einer weiteren Fundstelle gearbeitet. Die Fundstelle Kernverwässerungswerk ist eine Schlüsselstelle für das Verständnis und die Erforschung der prähistorischen Bergbaue Hallstatts. Hier gelang es in den 1990er Jahren erstmals einen kompletten Querschnitt durch eine eisenzeitliche Abbaukammer zu ergraben – und die gewaltigen Dimensionen der Abbaukammern um 700 v. Chr. zu erfassen. Hier können eindeutig bis zu 20m hohe und 300m lange Räume nachgewiesen werden. Damit handelt es sich um die größten untertägigen Kammern, die weltweit prähistorisch bekannt sind. Im Zuge des Großprojekts „Sanierung der Zugänge zum untertägigen Welterbe Hallstatt“, welches vom Bundeskanzleramt, dem Land OÖ, der Salinen Austria AG und dem NHM Wien getragen wird, ist es 2021 gelungen diese einzigartige Fundstelle für die nächsten Generationen wieder begehbar zu machen und zu sichern.

Die prähistorischen Fundstätten und modernen Stollen im Salzberg in der Übersicht.
(Modell und Graphik: D. Brandner - NHM Wien)

Keine bodenlose Forschung - Putzen
der prähistorischen Sohle
der Abbaukammer.
(Foto: D. Brandner - NHM Wien)

Von Mitte August bis Anfang Oktober fand dann auch wieder die alljährliche Grabungskampagne im Hallstätter Hochtal statt. Hier wurde in den Forschungsstollen tief im Hallstätter Salzbgerg nach der "Sohle", dem Boden der prähistorischen Abbaukammer, gesucht. Dabei wandelten sich nicht nur das Aussehen unserer Stollen, sondern auch unser Verständnis der prähistorischen Abbautechnik und späterer Störungen durch den Barocken Bergbau maßgeblich. Wer hätte schon gedacht, dass das Holz, das man täglich im Vorbeigehen grüßt, doch 2 000 Jahre älter ist, als erwartet?! 
Auch die Fundverwaltung hatte wieder alle Hände voll zu tun und hat es sich dazu zum Ziel gesetzt, ihren Workflow zu visualisieren, zu aktualisieren und weiter an ihren Praktiken zu feilen. 
Im Zuge all dieser Ereignnisse haben sich unsere Teammitglieder wieder blogschreiberisch ausgetobt und ihre Gedanken über unsere Arbeit, Salz, Gatsch, Funde und "damals" festgehalten. 

Wem nicht nach Lesen war, der konnte - und kann sich immer noch - über eine "Prähistorische Fürhung mit Folgen" freuen. Dabei entstand nämlich ein langes Interview mit dem Leiter der Bergwerksforschung in Hallstatt, Hans Reschreiter vom NHM Wien, für Radio Orange. Oder man feiert(e) den Österreichischen Welterbetag am 18. April mit uns. 2021 konnte in Hallstatt nämlich trotz Corona eine virtuelle Welterbeveranstaltung gemeinsam mit dem Team der Salzwelten realisiert werden. Direkt am See wurde ein aufwändiges Studio eingerichtet und live aus Hallstatt zum Thema "7000 Jahre Salz" und vielfältiges Welterbe berichtet.

In lange Nächten ist meist ein bisschen Licht nicht schlecht. Die
Geschichte des Lichts wurde auf der Langen Nacht der Museen
direkt vor dem Eingang des Naturhistorischen Museums erzählt.
(Foto: H. Reschreiter - NHM Wien)
Doch auch vor Ort und in Persona konnte die Hallstattforschung erlebt und - im wahrsten Sinne des Wortes - begriffen werden. Mit Maßnahmen und Schutzkonzept dufte die Außenstelle Hallstatt im Hochtal auch 2021 ihre Tore und Türen mit vielen neuen Erkenntnissen und aktueller Forschung für die "Archäologie am Berg" öffnen. Selbes galt für die "Lange Nacht der Museen",  bei der wir mit Kolleg*innen den Maria-Theresien-Platz „bespielen“ und so das Eingangstor ins Naturhistorische Museum sein durften. Unser Thema „20.000 Jahre Licht und Energie“ spannte den Bogen von den ersten Fettlampen der Steinzeit über die Leuchtspäne aus dem Bergwerk Hallstatt bis zu modernen LED-Lampen. Die Kids waren dabei begeistert von der Möglichkeit selbst Leuchtspäne abbrennen zu können.
Neben Blauschimmel findet man auch so einiges
anderes im prähistorischen Exkrement.
Diesmal freuten sich nicht nur Archäolog*innen
über so einen ... (Maixner et al. 2021)

Die Wissenschaftswelt hat sich dazu 2021 besonders über neue Erkenntnisse aus prähistorischen Exkrementen aus dem Hallstätter Salzbergwerk begeistert. Die über 2 000 Jahre alten Hinterlassenschaften verrieten bei Laboruntersuchungen erstmals etwas über die Verwendung von domestiziertem Blauschimmel bereits in der Urgeschichte. Was sich experimentell mit dieser Sensation anfängen lässt wird sich im kommenden Jahr wohl zeigen!

So blicken wir auf ein sehr spektakuläres und erfolgreiches Jahr 2021 zurück, das nicht nur Meilensteine erreicht, sondern auch die Grundlage für viele weitere spannende Fragen und Projekte gelegt hat.

Zu guter letzt gilt es also noch ein großes DANKE an alle auszusprechen, die wieder mit vollem Einsatz, Enthusiasmus und großem Interesse dabei waren.
Ein weiteres Danke aber auch an alle, die unser Jahr gespannt mitverfolgt, Feedback gegeben und sich mit uns über all diese Errungenschaften gefreut haben!

Wer jetzt noch Lust auf andere tolle Wissenschafts-Blogs bekommen hat, kann gerne auf dem  "Wissenschaft Kommuniziert"-Blog vorbeischauen, sich durch die Liste klicken und eventuell auch eine Stimme für den Stiegenblog bei der Wahl zum "Wissenschaftsblog des Jahres 2021" dort lassen. 


Damit wünschen wir einen Guten Abschluss des Jahres und einen wunderbaren Rutsch in das Neue - Wir lesen uns bald!


Das Hallstatt-Team


von Valentina Laaha und Hans Reschreiter