Freitag, 20. März 2020

Vielfalt Forschung - Fünf Wochen im NHM


Mein Name ist Marie und ich studiere nun im vierten Semester Archäologische Wissenschaften an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen. Aufgrund mehrfacher Besuche der schönen Stadt Wien und besonders des Naturhistorischen Museums nahm ich mir fest vor dort einmal in einem Praktikum zu arbeiten. Durch ein Gespräch während der Grabung in den Klausenhöhlen mit Dr. Andreas Maier wurde der Kontakt zum Naturhistorischen Museum hergestellt. So durfte ich nun von Februar bis März mein fünfwöchiges Praktikum in der Prähistorischen Abteilung absolvieren und war schon gespannt auf viele neue Informationen, praktische Erfahrungen und den Einblick in den Museumsalltag. 

Unzählige Scherben aus Mannersdorf
werden zu Gefäßen rekonstuiert.
(Bild: M. Siegler - NHM Wien)
Ich bekam Einblicke in die verschiedensten Bereiche. Bei Dr. Walpurga Antl-Weiser begann ich mit dem Aussortieren von Holzkohlestückchen aus den Schlämmresten der Ausgrabung in Mannersdorf. Diese wurden dann in der vorletzten Arbeitswoche auch noch einmal geschlämmt, sodass man möglichst alle Holzteile erhalten hat. Denn sie werden dann weiter analysiert, sodass festgestellt werden kann, um welche exakte Herkunft der Relikte es sich handelt. 

Des Weiteren arbeitete ich bei der Neustrukturierung der Fachbibliothek der Prähistorischen Abteilung mit, was bedeutete, dass Bücher und Regale auf Vordermann gebracht wurden und alles neu strukturiert einsortiert wurden. 

Einige Tage verbrachte ich auch in der Restauration bei Mag. Gerganga Almstädter, welche mir erst eine Einführung in ihre Arbeit, deren Gebiete und die technischen Geräte gab. Dann durfte ich mich auch selbst daran setzen, Keramikfragmente der Ausgrabung in Mannersdorf zusammenzusetzen, was sich als spannende, aber auch Geduld erfordernde Arbeit erwies, da oft nur sehr wenige Fragmente zusammenpassten. 

Trachtensemble aus der Textilarchäologie des
NHM (Bild: M Siegler - NHM Wien)
Im Bereich der Textilarchäologie und der Hallstattforschung arbeitete ich die ersten Wochen mit der Praktikantin Sonja Mayer, die restlichen Wochen mit der Praktikantin Laura Hoch, zusammen. Unter der Leitung von Dr. Karina Grömer arbeitete ich mit an der Vollendung einer Kostümliste für eine TV Produktion, welche Spielszenen zum prähistorischen Salzbergwerk Hallstatt enthalten wird. 

Weiterhin durften wir verschiedene bronze- und eisenzeitliche Gewandrekonstruktionen an einer Kleiderpuppe und am lebenden Modell drapieren und im Bereich Social Media verschiedene Beiträge zur Venus von Willendorf und prähistorischen Trachten erstellen.

In der zweiten Woche gab es eine Führung durch Teile des Museums und der Ausstellungsräume, die Kuppel und den Tiefspeicher von Mag. Hans Reschreiter und Dr. Karina Grömer. Diese spannende Führung gab viele Einblicke in unveröffentlichte Gegenstände im Tiefspeicher aus Hallstatt, wie Lederfunde, Textilien und auch Koprolithen. Es gab Informationen zum Gebäude und dessen Entstehung, dem Schädelgang im Dachgeschoss und den Vitrinen im Schausaal.

Babyelefant im Innenhof des NHM -
Badetag nach Art der Präparation.
(Bild: M. Siegler - NHM Wien)
Hans Reschreiter nahm mich beim Aufbau und dem Filmen der bekannten Kuh-Kälbchen-Schale aus Hallstatt, für die TV Produktion mit. An sich nahm er mich oft auch bei kleineren Erledigungen mit, um den Museumalltag möglichst lebhaft zu gestalten und gab zusätzliche Informationen zu Objekten wann immer wir im Schausaal oder Tiefspeicher waren.

Ich durfte auch mit zu einem Meeting zum Projekt einer akustisch-haptischen Führung im Museum für Menschen mit Seebehinderung und bekam dort Einblick in deren praktische Ausarbeitung. Es war interessant Gegenstände (wie Getreide, Rucksäcke, oder Werkzeug) und Geräusche zu suchen, die sich besonders für solch eine Führung anbieten würden.

Mir wurde auch angeboten, einige Zeit bei der REM (Rasterelektronenmikroskop) Analyse zuzusehen, wie winzig kleine Textilfasern unter dem Mikroskop aussehen. Einen weiteren Vormittag verbrachte ich damit, im Tiefspeicher Spinnwirtel einzumessen und zu inventarisieren. 

Durch einen - eines Morgens zum Waschen in der Hofeinfahrt vor der Zoologische Abteilung stehenden - ausgestopfter Babyelefanten darauf aufmerksam gemacht, führte mich Hans Reschreiter auch durch diese Abteilung und gab Einblicke, wie und woran dort gearbeitet wird. Einen Nachmittag verbrachte ich dort in der Präparation, um zuzusehen, wie aus einer Ziegenhaut einer der typischen, eisenzeitlichen Rucksäcke aus Hallstatt wird. Es war sehr eindrucksvoll einmal solche Arbeitsschritte in der Experimentellen Archäologie miterleben zu dürfen. 

Ein großer Teil der Arbeit bestand auch aus dem Lektorat wissenschaftlicher Publikationen der neu gegründeten Hallstatt-Online-Reihe. In diesem Zuge las ich mehrere Werke oder Artikel Korrektur und gestaltete sie im Fließtext, Gliederung, Literatur- und Abbildungsverzeichnis einheitlich, um ein Layout zu erzeugen. Die letzte Arbeitswoche verbrachte ich ebenfalls mit dieser Aufgabe, allerdings dann im Homeoffice in Deutschland, wo ich mein Praktikum zu Ende führen musste, weil wegen der COVID-19-Pandemie die Grenzen geschlossen werden sollten. Die letzten im Museum verbrachten Arbeitstage waren somit eher hektisch. 

Dieses Praktikum wird für mich unvergessen bleiben, da alle Mitarbeiter immer herzlich und freundlich waren, mich mit in ihre Arbeitsbereiche und Projekte einbezogen und mit ihrer Begeisterung für ihre Arbeit angesteckt haben.
von Marie Siegler
Filmarbeiten rund um die Hallstattforschung - das berühmte Kuh-Kälbchen-Gefäß in Großaufnahme.
(Bild: M. Siegler - NHM Wien)