Donnerstag, 25. Mai 2017

Salzlandschaft - Der Startschuss

Wenn der Frühling das Hochtal von Hallstatt einmal erreicht hat, geht die Sache meist schnell. Da sprießt plötzlich alles was grün ist, als gäbe es kein Morgen.
Prinzipiell eine schöne Sache, für uns Archäologinnen und Archäologen derzeit aber etwas unpraktisch, müssen wir doch das zeitlich schmale Fenster zwischen Schneeschmelze und grünem Dickicht für ein neues Projekt nutzen.

Das Hallstätter Hochtal im Frühling.
Bild: C. Seisenbacher - NHM Wien
Dieses dreht sich um die Visualisierung und Vermittlung von Bergbaulandschaften und ihren Wechselwirkungen mit den darin lebenden Menschen. 

Hier bietet es sich in Hallstatt natürlich vor allem an, den industrie- und kulturgeschichtlichen Aspekt durch die Jahrhunderte und Jahrtausende zu betrachten. 

Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Aufnahme und Dokumentation aller noch sichtbaren, von Menschen errichteten Strukturen – vom Ort Hallstatt bis hinauf zum Plassen.
Damit haben wir diese Woche begonnen und versucht einen funktionierenden und effizienten Arbeitsablauf für diese große Aufgabe zu finden.

Großflächige Dokumentation des Geländes
mittels Drohne der Firma crazy eye.
Bild: T. Ragger - NHM Wien
Von bekannten historischen Strukturen im Hochtal ausgehend, sei dieser ein Gebäudegrundriss, ein Mundloch oder eine alte Brücke, marschieren wir in Touren zu je ein paar Stunden durch das Gelände, kartieren und dokumentieren jede noch sichtbare Spur in der Umgebung. 

Eine große Hilfestellung dabei sind historische Karten, die zum Teil bis ins 17. Jahrhundert zurückdatieren aber auch moderne Hilfsmittel wie Geländescans, Drohnen und GPS. 

Dadurch können viele der Überreste nicht nur leichter dokumentiert und verortet, sondern zu einem großen Teil auch ihrer ehemaligen Funktion zugewiesen werden.

Oft staunen wir, wir viele alte Mauern und Fundamente wir entdecken, als wir erst beginnen genau hinzusehen. Schon während wir durch das Hochtal wandern bekommen wir eine Vorstellung davon, wie eng verbaut es bis vor nicht allzu langer Zeit gewesen sein muss. 

War doch bis 1957 noch der gesamte Betrieb auf dem Berg angesiedelt – inklusive Wohnhäuser, Wirtschaften und Handwerksbetriebe.

Fotografische Dokumentation einer verfallenen
Holzkonstruktion. Bild: C.Seisenbacher-NHM Wien
Zusammen mit vielen anderen Quellen – alten Fotos, Postkarten, Plänen, Verwaltungsunterlagen – soll aus diesen gesammelten Daten ein historisches Geoinformationssystem entstehen. 

In diesem werden geografische, räumliche und visuelle Information mit einer Zeitleiste kombiniert, anhand derer die Entwicklung der Landschaft nachvollzogen werden kann.

Und damit hoffentlich auch ein bisschen mehr Einblick in die Anforderungen und Zusammenhänge von Mensch und Umwelt in einer derart speziellen Umgebung wie dem Hallstätter Hochtal. 

von Fiona Poppenwimmer

Gruppenfoto von Besuchern der Fremdenbefahrung in der ersten Hälfte der 1950er und des Teams im Mai 2017 - beide vor dem Katharina-Theresia-Mundloch.
Bild: Postkartensammlung R. Fürhacker/ D. Brandner - NHM Wien

Donnerstag, 4. Mai 2017

Alte Technik, neu entdeckt - Form und Verzierung der Spanschachtel

Der gebogene Eschenspan muss in dieser
Form trocknen. (Bild: E. Mahrdt - NHM Wien)
Mit dem gewonnenen Rohmaterial geht es nun an die nicht weniger aufwendige Herstellung der eigentlichen Spanschachtel.

Um ihr eine Wand, eine sogenannte Zarge, zu geben muss ein einzelner Jahrring oval oder rund gebogen werden, sodass er der Schachtel ihre charakteristische Form verleiht.
Damit die Eschenspäne gebogen werden können, werden sie in Wasser erhitzt, womit dem Holz plastische Eigenschaften verliehen werden, ohne es brechen zu lassen. Dafür kochte ich es für wenige Minuten „al dente“ und beginne freihändig und vorsichtig die ovale Form zu biegen. Wenn ich merke, dass das Holz nicht weiter nachgibt, wird es an den nötigen Stellen erneut im kochenden Wasser erhitzt. 


Die Enden des Spanes werden mit Wurzeln
zusammengenäht. (Bild: E. Mahrdt - NHM Wien)
Auf diese Weise erhalte ich die gewünschte Krümmung und fixiere die Wand an der entstehenden Überlappung mit Lederriemen oder Klemmen, um das Holz über Nacht trocknen zu lassen und somit die Form beizubehalten.
Die beiden Enden des Spans binde ich, wie bei den Originalen aus Hallstatt, im Kettstich oder Stielstich. Als Nähmaterial dienen mir dünne Fichtenwurzeln, die in gespaltenem Zustand einen Durchmesser von nur zwei bis drei Millimetern aufweisen.


Was jetzt noch fehlt ist der Boden. Dieser wird aus einem Nadelholzbrett, z.B. Tannen- oder Fichtenholz, zugeschnitten und an die ovale Form der Schachtelwand angepasst. Die Größe richtet sich nach den Originalböden und liegt in etwa zwischen 9 und 22 cm. 

Genähte Seitenwand, verbunden mit dem Boden
der Spanschachtel (Bild: E. Mahrdt - NHM Wien)
An den Boden bringe ich, wie bei den gefundenen Stücken, eine Ausnehmung zur Aufnahme der Überlappung der Seitenwand an, um ihre ebene Form beizubehalten. Wand und Boden werden mit Holznägeln verbunden, die in vorgestochene Löcher im Boden gedrückt werden.

Alle bisher gefundenen Spanschachteln aus Hallstatt weisen Ritzverzierungen auf. Die Motive sind schraffierte Dreiecke, Rauten und senkrechte, schraffierte Bänder. Die Tatsache, dass die Schachteln alle verziert sind lässt vermuten, dass es sich nicht nur um „simple“ Verpackungsobjekte handelte, sondern um Objekte, die schön anzusehen sein sollten.

Feine Ritzverzierung nach Vorbild der
Originalfunde (Bild: E. Mahrdt - NHM Wien)
Die Außenseite der Schachtelwand habe ich bereits zuvor mit einer Ziehklinge geglättet und zeichne nun die Verzierungsmuster schwach vor. Anschließend ritze ich diese mit einer metallischen Ahle in die Außenseite der Schachtelwand. 

Das Ritzen der Muster gehört zu den langwierigsten Arbeiten bei der Spanschachtelanfertigung, aber auch zu den schönsten, die ich jedes Mal sehr genieße.

Die ausgesprochen feinen Ritzverzierungen werden mit häufigerer Benutzung der Spanschachteln (und dem damit verbundenen Schmutz, der an der Schachtelwand haften bleibt) immer deutlicher hervortreten. Für diese Benutzung sind die ersten Rekonstruktionen jetzt bereit und harren ihrer weiteren Verwendung.

von Eike Mahrdt und Fiona Poppenwimmer
Fertige Rekonstruktion einer eisenzeitlichen Spanschachtel aus dem Salzbergwerk Hallstatt.
(Bild: E. Mahrdt - NHM Wien)