Donnerstag, 22. September 2016

Einen Kilometer lang und gelb...


Anlieferung des Materials ins Hallstätter Salzbergwerk
(Bild: D. Brandner - NHM Wien)
...das sind die Messkabel des Instituts für Geophysik der Geologischen Bundesanstalt. Und am Montag war es nach mehreren Jahren Vorbereitung endlich soweit, dass mehrere Rollen dieser Messkabel, zig rostfreie Elektroden, Messgeräte und Laptops ins Bergwerk Hallstatt geliefert wurden.

Und warum machen wir das? Alle bekannten prähistorischen Fundstellen im Hallstätter Salzberg wurden während der letzten Jahrhunderte zufällig durch Bergbautätigkeit entdeckt. Die meisten dieser Fundstellen gehören zu ursprünglich riesigen Abbaukammern. Kammergrößen von über 150 Meter Länge, bis zu 20 Meter Höhe und über 30 Meter Breite sind nachgewiesen.

Die geoelektrische Messung konnte bisher den nur
vermuteten Einsturztrichter bestätigen
(Bild: D. Ottowitz - GBA)
Durch unsere Forschungsstollen können wir aber nur kleine Teile dieser prähistorischen Bergbaue untersuchen. Auch der Abbauraum, in dem wir die bronzezeitliche Holzstiege entdeckt haben, ist bisher erst zum Teil erforscht.

Wir wissen zwar, dass die Bergleute vor 3000 Jahren einen Raum mit bis zu 25 Metern Breite aus dem Salz geschrämt haben, konnten aber die Längsausdehnung noch nicht feststellen – unsere Forschungsstollen haben nach 50 Metern immer noch kein Ende erreicht.

Auch die Dimension und Richtung der Verbindungsschächte in die darüber und darunter gelegenen Abbaukammern ist noch nicht geklärt. Genauso interessiert uns brennend, wie dick die Decken (im Bergbau Schwebe genannt), zwischen den Abbauräumen sind.

Da all diese Fragen mit Hilfe unserer Forschungsstollen nur bedingt zu beantworten sind, sind wir seit Jahren auf der Suche nach Techniken, die es ermöglichen, den Berg zu „durchleuchten“.

Da die Geologische Bundesanstalt immer wieder am
Kilometerlange Kabel werden ab den
eingeschlagenen Elektroden befestigt
(Bild: D. Brandner - NHM Wien)
Hallstätter Salzberg arbeitet und mit Hilfe von geoelektrischen Tiefenprofilen den Boden des Salzbergtales untersucht, entstand schon vor Jahren ein regelmäßiger Kontakt – und die Idee von ersten geoelektrischen Testmessungen im Bergwerk.

Diese ersten Tests verliefen 2014 positiv und es konnte im selben Jahr an der Oberfläche jene Pinge entdeckt werden, die durch den Tagmaterialeinbruch entstand, welcher um 1000 v. Chr. die Stiege verschüttete und den Bergbau vorübergehend zum Erliegen brachte. Nach diesen positiven Erfahrungen wurde der Entschluss gefasst, einen ersten großflächigen Test im Salzberg zu starten.

Die Vorbereitungen dafür waren vielfältig: nach dem Sicherstellen der Finanzierung ging es an die Planung – die geeigneten
Die Messungen der GBA laufen
- wir sind gespannt!
(Bild: D. Brandner - NHM Wien)
Messstellen mussten gefunden und vermessen werden. Wir entschieden uns dafür die Messtrecken im Kaiserin Christina Stollen und im Kaiser Josef Stollen auszulegen und den Bereich zwischen den beiden Stollen zu messen. Falls das gelingt, sollten wir einen Querschnitt durch den oberen Teil der Fundstelle mit der Stiege und ihren weiteren Verlauf nach oben bekommen.

Es musste auch das Messprogramm neu konfiguriert werden, wofür extra ein Kollege aus Griechenland „eingeflogen“ wurde. Wir haben in der letzten Woche über 200 Löcher in die Stollenwände gebohrt, um die Elektroden im Gestein verankern zu können.

In beiden Stollen wurde im Abstand von 4 Metern auf einer Länge von 400 Metern Löcher mit 20 bis 80 cm Tiefe gebohrt. Und seit gestern werden die Elektroden in den Löchern fixiert, an den Elektroden die Messkabel angebracht und diese dann endlich mit dem neu konfigurierten Messgerät verbunden.

Der erste Testlauf verlief positiv. Jetzt werden die Messanordnungen jeden Tag geändert und zig unterschiedliche
Das Team des ORF filmt die Herstellung
von Leuchtspänen...
(Bild: H: Reschreiter - NHM Wien)
Messungen vorgenommen – bis Freitag soll dieser erste großflächige Test abgeschlossen sein – und dann beginnt erst das große Warten. Dann hängt es davon ab, ob die vielen Einzelmessungen zu einem Gesamtbild vereint werden können und die Messwerte eine Interpretation zulassen.

Auch rundherum ist wieder viel los. Neben der alltäglichen Grabungsarbeit war die letzten zwei Tage ein Team des ORF bei uns am und im Salzberg, um unsere Forschungsarbeit für je einen Beitrag in den Formaten "Nano" und "Newton"
...und Ziegensäcken nach eisenzeitlichem Vorbild
(Bild: H. Reschreiter - NHM Wien)
aufzunehmen.

Einer der Schwerpunkte liegt hierbei auch auf den von uns durchgeführten Experimenten, wie die Herstellung von Leuchtspänen und die Rekonstruktion der eisenzeitlichen Ziegensäcke unseres Lederexperten Daniel Breineder.

Den Termin der Ausstrahlung geben wir natürlich rechtzeitig bekannt. Wir sind gespannt.


von Hans Reschreiter und Fiona Poppenwimmer

Donnerstag, 15. September 2016

Hut, Stock, Ziegensack - Eine Wanderung auf alten Spuren

Die Rekonstruktion des Ur-Rucksacks
ist einsatzbereit
(Bild: D. Breineder - NHM Wien)
Es ist inzwischen meine 4. Woche am Salzberg in Hallstatt. Die Arbeit ist abwechslungs- und ereignisreich. Egal, ob bei der Ausgrabung im bronzezeitlichen Bergwerk oder an der Waschanlage bei der Suche nach Funden, zu tun gibt es immer etwas. Und so hat sich auch die Fertigstellung des eisenzeitlichen Rucksackes nicht zuletzt durch kurze Krankheit verzögert.

Verärgert über den Umstand, im Bett bleiben zu müssen, lese ich in meinem liebgewonnen Buch „Salz - Reich: 7000 Jahre Hallstatt“. Neben den Abhandlungen zu den archäologischen Befunden, richte ich meine Aufmerksamkeit auf das Kapitel Forschungsgeschichte, die in Hallstatt eine lange Tradition hat und hochinteressant ist.

Beim Durchforsten der diversen Lebensläufe früherer Hallstattforscher stoße ich auf Friedrich Morton. Friedrich Morton (1890 – 1969) unternahm als Biologe und Archäologe in den 20er und 30er Jahren zahlreiche Auslandsreisen, unter anderem nach Venezuela, Guatemala und Ägypten.  Als „zuagroaßter Hallstätter aus Passion“ beschrieben, der jede freie Minute nutzte, um nach Hallstatt zu kommen, schmunzle ich über ein Foto von ihm, auf dem er mit Hut und Hosenträgern bei der Jause sitzend zu sehen ist.


Ich komme nicht umhin, mir auch seinen Jagdrucksack anzusehen, und mir fällt auf: dieser Trageriemenbefestigung kommt mir irgendwie bekannt vor. Nach kurzer Recherche wird klar: diverse hallstattzeitliche Ziegensäcke sind an ihren Fußenden in ähnlicher Weise zu einer Art Knebel  zusammengebunden. 
Friedrich Morton bei der Rast
während einer Almwanderung
(Bild: Museum Hallstatt)
Dem Bett wieder nach wenigen Tagen wieder gesund entstiegen, mache ich mich mit Handwerksfreude und Wanderlust auf, den Rucksack in ähnlicher Weise fertigzustellen, denn Trageriemen fehlen beim Fund leider vollständig. Der Rohhautrucksack ist nun, noch eingesalzen und nicht vollkommen trocken, für einen ersten Testlauf einsatzfähig!

Die Wanderung folgt am Wochenende. Ich bepacke meinen Rucksack mit Regenjacke, Weste, Ersatzhemd, Proviant (anstelle einer Spanschachtel dient eine Packung Eckerlkäse), einen Liter Wasser und einem Notizbuch. Um nicht alles mit Ziegenduft zu parfümieren, tue ich diese zuvor allerdings in einen Plastiksack.

Es geht auf in Richtung Dammwiese, wo Morton zuletzt 1937 auf späteisenzeitliche Überreste gestoßen ist. Rücken an Rücken marschiere ich mit der Ziege auch gerne etwas abseits der Pfade durch Wälder und mache leichtere Kletterpartien. Bei einigen kleineren Pausen öffne und schließe ich den Rucksack und verändere die Riemenlänge. Nach und nach gewöhne ich mich an dieses ungewöhnliche Behältnis, das, zu meiner großen Überraschung, gemütlicher und praktischer ausfällt, als ich zunächst annahm.

Auf meinem weiteren Weg in Richtung Durchgangsalm, treffe ich auf neugierige Radfahrer in modernster Outdoorausrüstung. Sie bleiben kurz stehen, um mich nach meinem ungewöhnlichen Behältnis am Buckel zu befragen. Ich unterbreche meine Wanderung und stehe ihnen Rede und Antwort.  
Erste Wanderung mit dem
Ziegensack
(Bild: D. Breineder - NHM Wien)

Vor einem steilen Aufstieg mache ich Jausenpause auf einer Almwiese. Das Wetter ist weiterhin stabil und
angenehm sonnig, außer mir kein anderer Mensch. Über eine alte Holzhütte blicke ich auf den schönen Dachstein. Dass Morton gerade hier gerne geforscht hat, kann ich gut verstehen. Auch ich bleibe an den Wochenenden lieber hier, als zurück nach Wien zu fahren. Ich komme nach kurzer Anstrengung auf ein Hochplateau.

Abwechselnd komme ich an kleinen Scharen von Rindern und Pferden vorbei. Am Ende ein weiter Ausblick auf Almhütten und eine große Schafherde in einiger Entfernung. Der Klang von Kuhglocken war über dem ganzen Plateau wahrzunehmen.  Auf dem Rückweg gönne ich mir noch ein paar kleinere Rutschpartien über steile Wiesen und etwas Waldboden. Auch hier versagt mir meine Rekonstruktion nicht.

Kurz vor Ende meiner Wanderungen – wie schnell doch 6 Stunden vergehen - mache ich nochmals auf der Dammwiese halt. Etwas müde blicke ich auf den neben mir stehenden Ur-Rucksack, der mir heute gute Dienste geleistet hat. Noch ist es zu früh, mit Bestimmtheit zu sagen, ob die Abnutzungserscheinungen der Rekonstruktion mit dem Original übereinstimmen werden. Doch eines ist gewiss: nicht schlecht, so ein Ziegensack!
von Daniel Breineder
Das Panorama der Dachstein Region um Hallstatt hat schon so manchen begeistert
(Bild: D. Breineder - NHM Wien)


Donnerstag, 8. September 2016

Durchbruch!


Der Durchschlag durch den
Holzhaufen
(Bild: D. Brandner - NHM Wien)

Woche drei im Hallstätter Salzberg und schon viel ist passiert. An insgesamt drei Vortrieben sind wir beschäftigt und arbeiten mit einem Team von zehn bis zwölf Leuten, was in den Stollen und vor allem bei der Mittagspause schon ziemlich kuschelig werden kann. 

Eines der im letzten Jahr aufgenommenen Profile wird gerade erweitert. Die dort abgebauten, verschiedenen Leuchtspanschichten werden getrennt, vor dem Entsalzen gewogen und das enthaltene Material quantifiziert. Davon erhoffen wir uns einen Hinweis auf die verschiedenen Benutzungsphasen des bronzezeitlichen Bergbaus.
 
Im oberen Vortrieb, in dem in der vorigen Saison bis auf die vom prähistorischen Schachtversturz stammenden Konstruktionshölzer abgetieft wurde, ist sogar ein Durchbruch (im wahrsten Sinn des Wortes) gelungen.

In den ersten Jahren, in denen im Christian von Tusch Werk
Jetzt kann der Holzversturz noch
genauer betrachtet werden
(Bild: D. Brandner - NHM Wien)
geforscht wurde, stieß man im Hauptvortrieb von unten auf die verstürzten Hölzer. Lange Zeit konnten wir diesen Haufen also nur von unten betrachten und Vermutungen über die Ausmaße und den Aufbau des Schachtversturzes anstellen.

Gestern ist es dann endlich gelungen, den oberen mit dem unteren Vortrieb unter dem Schacht zu verbinden, also klar zu sehen, wie hoch die Lage an Hölzern tatsächlich ist.

Nach der ersten Euphorie über den geschafften Meilenstein die ernüchternde Überraschung:Es handelt sich nicht, wie angenommen, um einen Berg an Hölzern, sondern nur zwei oder drei dünne Lagen, was unsere Vorstellung eines massiven Versturzes über den Haufen wirft.

Eine Erklärung dafür müssen wir noch finden, d
as heißt für uns, zurück zur Theorie. Möglicherweise waren die Verbindungsschächte kürzer als gedacht oder die Schachteinbauten anders aufgebaut.

Das bedeutet wieder lange Nächte, voller Kreidezeichnungen und Befunddiskussionen. Zurück ans Zeichenbrett!

von Fiona Poppenwimmer

Das Team beim Mittagessen im Salzbergwerk Hallstatt - eine kuschelige Angelegenheit
(Bild: H. Reschreiter - NHM Wien)

Donnerstag, 1. September 2016

Ang'richt is!


Woche zwei im Hallstätter Salzberg, die Baustellen sind bereit, der Abbau kann beginnen.

Um die Fragestellungen der diesjährigen Grabungskampagne im Salzbergwerk Hallstatt klären zu können, werden einerseits bereits vorhandene Untersuchungsstollen erweitert sowie neue Vortriebe angelegt. 

Überblick über die bis 2015
freigelegten Konstruktionshölzer
(Bild: D. Brandner - NHM Wien)
Im Bereich der zusammengestürzten, bronzezeitlichen Schachteinbauten, deren Überreste wir bereits letztes Jahr teilweise freilegen konnten, werden wir durch weiteres Abtiefen Informationen über dessen genauen Aufbau gewinnen, um das Verstürzen der prähistorischen Abbaukammer besser verstehen zu können. 
Dabei werden wir schrittweise die einzelnen Konstruktionshölzer freilegen, dokumentieren und bergen.


Nicht weit entfernt soll uns ein neuer Vortrieb dabei helfen, einen besseren Einblick zu erlangen wie sich die unterschiedlichen Bergbauphasen der bronzezeitlichen Abbaukammer zueinander verhalten. 

Bei einer herkömmlichen archäologischen Ausgrabung arbeitet man sich normalerweise von der obersten Ablagerung schichtweise nach unten. Im Berg stehen wir allerdings nicht an der Oberfläche der auszugrabenden Fläche, sondern mittendrin. 

Wir schrämen im Bereich der verschneidenden Abbauphasen durch den Betriebsabfall der bronzezeitlichen Bergleute nach oben bis zum letzten Begehungshorizont vor der Verschüttung der Halle.  


Die Scheibtruhen stehen schon für den
Abtransport des Heidengebirges bereit
(Bild: D. Brandner - NHM Wien)
Bevor wir aber mit der Arbeit beginnen können, musste zunächst die nötige Infrastruktur geschaffen werden. Nachdem die bestehenden Untersuchungsstollen überprüft und gewartet wurden um die nötige Sicherheit zu gewährleisten, gingen wir daran Arbeitsbühnen einzubauen. 

Diese dienen teilweise dem Schutz bereits freigelegter prähistorischer Konstruktionshölzer an der Sohle, andererseits dem Erreichen der notwendigen Arbeitshöhe. Damit wir das abgebaute Material leichter abtransportieren können, wurden die Bühnen zusätzlich mit Förderrutschen versehen, über welche die Scheibtruhen einfach befüllt werden können. 

Danach verlegten wir noch Pressluftschläuche für die Abbauhämmer sowie Stromkabel für die Ausleuchtung des Arbeitsplatzes. Nun liegt das Werkzeug bereit und die Arbeit in den Vortrieben kann begonnen werden.

von Christian Seisenbacher, Daniel Brandner und Fiona Poppenwimmer
Die Arbeitsbühne oberhalb des bronzezeitlichen Schachtverbruchs (Bild: D. Brandner - NHM Wien)