Donnerstag, 28. Januar 2016

Die Universität Zürich zu Besuch

Bei einigen Fundstellen durften wir auf
Tuchfühlung gehen.

(Bild: P. Kohler)
Eine abendliche Präsentation über die archäologische Forschung in Hallstatt während der Ausgrabungen der Universität Zürich und der Universität Wien in Vix auf dem Mont Lassois (Frankreich) führte zu einem Besuch der laufenden Grabung im hallstätter Salzberg der Salinen Austria

Drei Studentinnen des Institut für Archäologie, FB Prähistorische Archäologie der Universität Zürich, wollten nach dem Vortrag das Bergwerk und insbesondere die Grabungsmethodik mit eigenen Augen sehen. Hier danken wir gleich einmal Hans Reschreiter und dem Grabungsteam für die freundliche Aufnahme und die Möglichkeit, die Grabung zu besuchen. Petra Kohler, Anna Bahss und ich reisten also an und erhielten erst einmal eine Führung durch die Außenstelle des Naturhistorischen Museum der Archäologischen Forschung in Hallstatt, in der wir auch mit dem restlichen Team übernachten durften.

Am nächsten Morgen fuhren wir gemeinsam mit dem Team ins Bergwerk ein und erhielten eine Führung durch Christian Seisenbacher, der uns alle zugänglichen Bereiche sowie die neue Touristenstrecke zeigte. Die Führung war sehr spannend und ermöglichte uns zumindest annähernd zu erfassen wie groß und umfassend die Grabungen sind. Am Nachmittag besuchten wir das Museum in Hallstatt, dass mit seiner Ausstellung vom Neolithikum bis zur Neuzeit viele interessante Funde und Informationen zu bieten hatte. Natürlich nutzten wir auch das Angebot des Bücher- und Kartenverkaufs.

Ich wollte unbedingt mehr über die Grabungsmethoden wissen, da mich interessierte wie man unter diesen erschwerten Bedingungen überhaupt archäologisch sinnvoll vorgehen kann. Da wir allerdings zu dritt dem Grabungsteam wohl eher im Weg gestanden wären, trennte sich unsere Gruppe. So besuchten Anna und Petra das Beinhaus und die Umgebung von Hallstatt, während ich noch einmal mit dem Grabungsteam in den Berg einfuhr. Über den Tag verteilt durfte ich jedem Ausgräber einmal über die Schultern schauen und erhielt zudem eine Einsicht in die Arbeit von Gerald Raab, der an der Erstellung eines 3D-Modelles der Stollen arbeitete. Am nächsten Morgen reisten wir zurück in die Schweiz.

Am beeindruckendsten für mich bei diesem ersten Besuch in Hallstatt waren einerseits die wahnsinnig gute Erhaltung der Funde, andererseits die andersartige Grabungstechnik. So zeigte uns das Grabungsteam erhaltene Lederstücke, das große Bastseil und weitere spektakuläre Stücke. Was mich neben der Grabungstechnik am meisten beeindruckte, war die wahnsinnig gute Holzerhaltung, die wir in der Schweiz aus Seeufersiedlungen kennen. Der große Unterschied für mich war dabei, dass das Holz ohne aufwändige Restaurierungsarbeiten erhalten bleibt, da das Salz für die Erhaltung sorgt.

Bei einem zweiten Besuch in Hallstatt einige Wochen später, zeigte mir Hans Reschreiter noch weitere Teile des Bergwerkes und erzählte mir von der sehr interessanten Forschungsgeschichte der Untersuchungen im Bergwerk. Erneut durfte ich dem Grabungsteam über die Schultern schauen und lernte mehr über das Projekt. Auch der Kontakt mit Fritz Eckart Barth war fesselnd, da er viel über seine Erfahrungen im Bergwerk berichtete. Die an die Verhältnisse im Bergwerk angepassten Methoden und Arbeitsabläufe sind sehr interessant und der alltägliche Ablauf auf der Grabung spannend und aufregend. Die immer wieder an die neuen Situationen und vorherrschenden Umstände angepasste Grabungstechnik, die den Bau von Bühnen, Stützen, Rampen oder Rutschen, das Abpumpen von Wasser durch mehrere Stollen, das Organisieren von Strom und Luft quer durch das Werk, das Aufnehmen von 3D-Profilen, das Nachvollziehen vergangener Bergbautechnik, Salzgewinnung und Bergunglücke und vielem mehr ist wahnsinnig komplex und faszinierend und ich hoffe, dass dies nicht mein letzter Besuch auf dieser erlebnisreichen Grabung war.

(von Jane Horvath)

Jane Horvath, Anna Bahss, Petra Kohler
(Bild: C. Seisenbacher)
  

Freitag, 22. Januar 2016

Im Berg bin i gern – Ein kurzer Schlussbericht der Bergwerksgrabung 2015

Die erste fassbare Abbauphase dargestellt mit Kreide.
(Bild: D. Brandner)
Wie berichtet, siehe Blogeintrag Im Berg ist alles anders... - Grabung Bergwerk 2015, widmeten wir die Grabungskampagne 2015 der Befundklärung unserer Grabungsstelle Christian-von-Tusch Werk, Alter Grubenoffen im Salzberg zu Hallstatt

Schon seit einiger Zeit bereitet uns die Situation in der bronzezeitlichen Abbaukammer einiges an Kopfzerbrechen. Deutlich unterscheidbare Ablagerungen des Betriebsabfalls, mehrphasige Verbrüche des Schachtes und unterschiedliches Verfüllungsmaterial sorgen dafür, dass wir abends zusammen mögliche Entwicklungsszenarien des Bergbaus, von dem Auffahren der Kammer bis zu deren endgültigem Niedergang, durchdiskutieren und diese an einer Kreidetafel grafisch darstellen. 

Leider gewähren unsere Prospektionsstollen nur einen kleinen Einblick in die Geschichte des Berges. Geschätzte 1-2% der Abbaukammer Christian von Tusch Werk, Alter Grubenoffen wurden bis jetzt ergraben. Der archäologische Arbeitsprozess in Hallstatt gleicht manchmal einer komplizierten Gleichung mit sehr vielen Unbekannten. Schritt für Schritt voranzugehen ist also der einzig mögliche Weg und der nächste Schritt muss immer vorrausschauend geplant werden.

So gelang es uns dieses Jahr festzustellen, dass wir es im Christian-von-Tusch Werk mit zwei vielleicht sogar drei fassbaren Abbauphasen zu tun haben, in denen  zu unterschiedlichen Zeiten Salz abgebaut wurde. Die Abbauphasen sind für uns vor allem an den unterschiedlichen Leuchtspantypen erkennbar, flache und quadratische. Sie zeigen auch, dass der eine Abbau während seiner Betriebszeit auf einen älteren trifft und diesen teilweise abgräbt.

Fotogrammetrieplan des Übergangbereiches
zwischen ersten und zweiten Bergbau.
Gut erkennbar ist der von Norden (rechts)
kommende Quadratspanbau, der in den
südlichen (links) Flachspanbau und dessen
Verfüllung rein schneidet.

(Bild & Layout: D. Brandner)
Die erste Abbauphase, die wir erfassen können, liegt in den westlichen Prospektionsstollen unseres Grabungsbereiches. Dieser Bergbau nutzte flache Leuchtspäne für die Ausleuchtung und ging wahrscheinlich aufgrund eindringender Sole (mit Salz gesättigtem Wasser) nieder. Die Sole weichte das Haselgebirge im Schacht auf und die hölzernen Schachteinbauten stürzten in die Kammer. Auch riesige Kalksteinblöcke, zusammen mit anderem Oberflächenmaterial, fanden ihren Weg in die Halle und blieben zwischen und auf den Schachteinbauten liegen. Langsam verfüllte sich die Halle mit Sedimenten bis zur Decke.

Nördlich der verfüllten Halle wurde über einem anderen uns noch unbekanntem Schacht ein neuer  Bau angelegt. Hier benutzten die Bergleute, im Gegensatz zum ersten Abbau, quadratische und rechteckige Leuchtspäne. Das Heidengebirge ist hier massiver und spricht für einen sehr langen Benutzungszeitraum. Man traf bei diesem neuen Abbau auf die vorherige verfüllte Halle und trug teilweise dessen Heidengebirge und die Verfüllung ab. Vielleicht um für Stabilität in diesem Gebiet zu sorgen. Während dieser Phase entschloss man sich einen Schacht in die Tiefe anzulegen, um darunter eine weitere Abbaukammer aufzufahren. Dazu wurde Heidengebirge teilweise abgegraben und die hölzerne Stiege darauf gebaut. Sie diente als Verbindungsweg zu dem neu angelegten Schacht.

Nach dem Bau der Stiege wurden die quadratischen und rechteckigen Leuchtspäne nicht mehr benutzt und man stieg auf flache Leuchtspäne um. Der Schacht der alten Halle wurde wieder freigelegt und mit neuen Plattformen und Stiegen wieder hergerichtet. Dann kam es zu einer größeren Katastrophe und unaufhaltbare Massen an Oberflächenmaterial drangen in den Berg ein. Ein letzter Versuch wurde gestartet diese mithilfe von Buchenstämmen aufzuhalten, das Unglück konnte jedoch nicht mehr abgewendet werden. Die Buchenstämme wurden in die Tiefe gerissen und das Material füllte den gesamten Hohlraum aus.

Die Theorie passt natürlich nicht hundertprozentig auf die reale Situation. Manche Stellen sind für uns noch immer rätselhaft. Das hier dargestellte Bild des bronzezeitlichen Bergbaus ist noch lange nicht vollkommen. Diese Überlegungen sind jedoch unbedingt notwendig, laufend werden während der Grabung und auch danach neue Aspekte aufgeworfen, diskutiert und verworfen. In diesem einzigartigen Arbeitsgebiet gilt es möglichst viel Information aus dem Wenigen, das uns zugänglich ist, rauszuholen und ein größeres Verständnis für das große Ganze zu  entwickeln. Die abgelagerten Schichten erzählen uns immerhin Geschichte und diese Geschichte fing vor tausenden von Jahren an und besteht bis heute fort.

(von Hans Reschreiter, Daniel Brandner & Christian Seisenbacher)

Die letzte Phase vor dem Beginn der Katastrophe
(Bild: D. Brandner)


Donnerstag, 14. Januar 2016

Es zieht - Eine Seilwinde im Hallstätter Bergwerk?

Die Haspel im Versuch
(Bild: H. Reschreiter - NHM)
Heute möchte ich euch gerne einen Teilbereich meiner Bachelorarbeit vorstellen, in dem die verschiedenen Möglichkeiten des Materialtransports mithilfe eines Seils besprochen werden. Im Hallstätter Salzberg ist einer der wenigen Hinweise darauf ein 4 cm dickes Lindenbastseil aus dem bronzezeitlichen Christian von Tusch Werk. Vorherige Blogeinträge wie Bast so!- Der Film oder Bast so! - Auf Biegen und Brechen in der TU Chemnitz  befassen sich näher mit dem Seil und dessen Nachbau. 

Eine meiner Überlegungen, wie man das Seil benutzt haben könnte, ist die Verwendung einer Seilwinde, auch Haspel genannt. Natürlich wollte ich wissen, wie gut so etwas funktioniert und baute deshalb zwei verschieden große Haspeln nach. Da ein entsprechender Fund aus Hallstatt fehlte, nahm ich als Vorlage ein Bruchstück einer Haspel vom mittelbronzezeitlichen Kupferbergbau im Mitterberg. Eine elektronische Federwaage diente mir als Messgerät für den erforderlichen Kraftaufwand.

Mit der ersten kleineren Seilwinde, die ich baute, konnte ich meine Versuche direkt im Berg, über einem kleinen Schacht, durchführen. Als Gewicht nahm ich einen 50 Liter fassenden Kanister. Ich zog diesen immer mehrere Male hoch und runter, der Kraftaufwand wurde währenddessen von der Waage abgelesen. Und siehe da, beim Hochziehen spart man sich bis zu mehr als 60% des Gewichts und beim Runterlassen sogar mehr 85%. Wenn man Lasten von mehreren hundert Kilogramm befördern muss, macht das schon einen gewaltigen Unterschied.

Auch auf der Stiege funktionierts
(Bild. H. Reschreiter - NHM)
Einige Monate später überlegte ich mir, wo und wie die Haspel für eine effiziente Nutzung in der Abbauhalle aufgestellt worden sein könnte. Da fielen mir an der Stiege zwei senkrechte rechteckige Löcher auf, eines auf der linken und eines auf der rechten Stiegenwange jeweils auf gleicher Höhe. Tja, warum eigentlich nicht, dachte ich mir. Die Stiege befand sich ja direkt vor dem nächsten Schacht und eine zeitweilige Benutzung konnte ich mir durchaus vorstellen.

Also dimensionierte ich die zweite Haspel etwas größer, damit sie auf die Stiege passte und bastelte dazu auch noch passende Haspelsäulen als Lager für die Zapfen. An der Rekonstruktion der Stiege arbeitete ich die Löcher in die Wangen ein. Stiege aufgestellt, Haspel rauf, Seil dazu und schon ging´s los. Zu meiner Freude funktionierte diese Methode gar nicht mal so schlecht. Kleinere Probleme konnten nach ein paar Versuchen ausgemerzt werden.

Erfreulicherweise wurde letztendlich sogar eine Seilwinde, als eine mehrerer verschiedener Seilzugmethoden, in das neue bronzezeitliche Lebensbild aufgenommen.

(von Christian Seisenbacher)

Das neue bronzezeitliche Lebensbild mit der Haspel im Vordergrund
(Bild: D. Groebner - H. Reschreiter - NHM Wien)