Erste
Erkenntnis eines Neulings auf der Grabung im Hallstätter Salzberg:
auch Bergwerksgrabungen sind – entgegen weit verbreiteter
Vorurteile - mehr als brachialer Vortrieb!
Nicht,
dass es nicht dazugehören und bestimmt auch Spaß machen würde,
sich in der Maulwurfperspektive mit einem Schrämhammer durch den
Berg zu wühlen. Aber die Gelegenheit, eine über 3000 Jahre alte
Holztreppe in all ihren Einzelheiten zu betrachten und zu
dokumentieren, ist mir persönlich dann doch der angenehmere Einstieg
in die archäologische Welt Hallstatts.
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Das Team rund um die "Erstversorgung" der Stiegenteile, 2013 ©NHM - A. Rausch |
So
finde ich mich mit den Kollegen im alten Lokschuppen vor dem
Kaiserin-Christina Stollen wieder, wo wir die aus dem Berg geholten
Einzelteile der bronzezeitlichen Stiege von allen Seiten
fotografieren und Auffälliges dokumentieren.
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Der Lockschuppen vor dem
Kaiserin-Christina-Stollen, 2013 ©NHM - A. Rausch |
Besonders
anfangs ist der Respekt vor den zu bearbeitenden Stufen noch fast
übermäßig. Jedes Stückchen Holz oder Rinde, jeder Brösel der
sich von den Stiegenteilen löst, verursacht schwere Gewissensbisse.
Wieder einmal drängt sich die Erkenntnis auf, dass Erforschung,
Beobachtung und Dokumentation nicht möglich sind, ohne etwas zu
verändern und vielleicht auch zu zerstören. Umso wichtiger ist die
genaue Dokumentation, nicht nur der großen Stiegenteile, sondern
auch der abbröselnden Sediment- und Holzstückchen.
Von
Standardisierung der Dokumentation war anfangs noch wenig zu sehen,
umso größer aber das Bestreben aller Beteiligten, das gesamte
Prozedere stetig weiterzuentwickeln und auszubauen.
Nächste
wichtige Erkenntnis: verwende einem Restaurator gegenüber niemals
die Worte „Reinigung“ oder „sauber“ wenn du von seiner Arbeit
sprichst. Nebenwirkungen könnten blankes Entsetzen, ein blutendes
Restauratorenherz und verachtende Blicke sein.
Die
Freilegung (!) der Auftritte und Distanzbretter, also die Entfernung
der zusammengepressten Sedimentschicht, lassen den Respekt vor diesem
Meisterwerk prähistorischer Ingenieurskunst weiter wachsen.
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Stiegenauftritt vor der Freilegung, 2013
©NHM - A. Rausch |
Erst
nach und nach wird mir bewusst, wie viel Information man aus diesen
Stücken ziehen kann. Abnützungsspuren (welche Teile der
Stiegenbretter wurden besonders beansprucht?), Kerben (vielleicht
sogar Markierungen?), Hackscharten (welches Werkzeug wurde
verwendet?), Abdrücke der Unterkonstruktion, nachträgliche
Bearbeitung im Berg, Spuren der Entästung, Rückstände von
Kleidung, Haaren und Gebrauchsgegenständen... Und das sind nur die
offensichtlichen Dinge die einem ins Auge springen. Wer weiß, was
die weiteren Untersuchungen alles aufzeigen werden?
Für
mich war deshalb die Entscheidung umso überraschender, nur einen
Teil der Bretter freizulegen und genauer zu untersuchen. Zumindest
die Oberseite bleibt vorerst im Originalzustand, um auch späteren
Generationen von Archäologen, mit weiterentwickelten Methoden die
Möglichkeit zu geben, ihre Erkenntnisse daraus zu ziehen (und unsere
zu erweitern oder zu widerlegen).
Bei
dieser Vorstellung muss ich mich selbst mal wieder daran erinnern,
dass das, was wir mit den Archäologen von der Prähistorischen
Abteilung des Naturhistorischen Museum hier tun, in vielen Aspekten
eine Premiere ist. Ein weiterer Antrieb, so sorgfältig und
detailliert wie möglich zu arbeiten, unsere Vorgehensweisen manchmal
auch kritisch zu betrachten und offen für neue Einflüsse und
Methoden zu bleiben.
(Von Fiona
Poppenwimmer)