Donnerstag, 24. September 2015

笑ってください - Auf nach Japan


Hallstatt ist Ziel so mancher Hochzeitsreise
und beliebte Kulisse für das Hochzeitsfoto,
so auch bei diesem Paar aus Japan.
(Bild: C. Löw - NHM Wien)
Dass es vom Ort Hallstatt eine Kopie in China gibt, hat sich inzwischen wohl weitgehend herumgesprochen. Auch die große Zahl asiatischer Touristinnen und Touristen, die den idyllischen Ort im Salzkammergut gerne besuchen, dürfte kaum jemandem entgangen sein. 

Aber nicht nur das heutige Hallstatt mit seinen gemütlichen Gassen, seinem herrlichen See und den schroffen Bergen des Dachsteins haben in Asien Neugierde geweckt. Auch für unsere Forschung interessiert man sich dort.

Vor kurzem war eigens ein Filmteam des japanischen Senders TBS Tokyo, das von der UNESCO unterstützt wird, im Naturhistorischen Museum Wien und im Salzbergwerk Hallstatt, um über die Unesco-Welterbestätte Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut zu berichten. Unser Hans Reschreiter hat ganz schön geschwitzt unter den vielen Lichtern und Kameras, die auf ihn gerichtet waren. Aber was tut man nicht alles, um die Türen des Elfenbeinturmes aufzureißen und allen, die sich dafür interessieren, einen Zugang zur Hallstatt-Forschung zu ermöglichen.
 

(Von Carmen Löw)

Hans Reschreiter und Karina Grömer während der Dreharbeiten. (Bild: C. Löw - NHM Wien)

Dienstag, 22. September 2015

Im Berg ist alles anders... - Grabung Bergwerk 2015

Es ist wieder Herbst und wir alle wissen, was das heißt: Grabungskampagne am (und vor allem im) Hallstätter Salzberg.
Das diesjährige Grabungsziel ist, wie ich gerade merke, gar nicht so leicht zu erklären.
Jeder, der sich schon einmal mit dem bronzezeitlichen Salzbergbau in Hallstatt beschäftigt hat, kennt wohl die schematische Darstellungen der Abbauhallen und ihres Versturzes um 1050 v. Chr.
Schema des Niedergangs des bronzezeitlichen Salzbergbaus (Bild: Reschreiter, Gröbner)

Dass es sich hierbei aber eben nur um ein Schema handelt, ist klar. Die Situation mit der wir tatsächlich konfrontiert sind und die wir zu verstehen versuchen, zeigt sich weitaus komplizierter. Mehr darüber gleich.
Die Gesamtsituation zu begreifen, ist im Berg allerdings nicht allzu einfach. Die erste Herausforderung ist, dass man nicht, wie auf einer normalen Grabung an der Oberfläche, einfach aus dem Befund heraussteigen, einen Schritt zurück machen und das Ganze überblicken kann. Wenn wir einen Schritt zurück machen wollen, ist da für gewöhnlich entweder die Stollenwand oder ein tiefes Loch! Wir stehen also mittendrin und versuchen, den uns umgebenden Befund dreidimensional zu visualisieren.
Bedingt durch den hohen Bergdruck und die Verfüllung aus Tagmaterial (sprich: gepresster Gatsch) können wir allerdings auch nur recht kleine und schmale Stollen durch den Berg graben, was wiederum den Gesamtüberblick auf den Befund erschwert.


Einer unserer Forschungsstollen im
Hallstätter Salzberg (Bild: Andreas W. Rausch)
Mit jedem neuen ergrabenen Meter läuft man also Gefahr, dass sämtliche bisher aufgestellten Theorien über den Haufen geworfen werden - oder neue entstehen.
So geschehen erst letzte Woche, als sich bei einem genaueren Blick auf die Profile der Verdacht erhärtete, dass es sich nicht um eine einzige große Abbauhalle handeln könnte, die von einer einmaligen Katastrophe zerstört wurde. Momentan sieht es so aus, als untersuchten wir mehrere unterschiedliche Betriebsphasen des Bergbaus und mindestens zwei Verschüttungen.
Um diese Hypothese festigen zu können, arbeiten wir derzeit an mehreren Fronten. Die erste und derzeit wesentlichste ist, die Profile, von denen wir uns Aufschluss auf diese Mehrphasigkeit erhoffen, detailgenau frei zu legen und zu reinigen. Diese Profile werden dann in tausenden von Einzelbildern fotografisch dokumentiert, zu einem hochauflösenden 3D-Modell zusammengesetzt und gleichzeitig zu einem entzerrten Übersichtsfoto verarbeitet.



Und wenn wir diese Profile dann erst einmal frei beweglich als Computermodell oder als Überblick an der Wand in unserem Grabungsquartier hängen haben, klappt auch die Sache mit dem Schritt zurück und schon ist man der Betriebsblindheit entkommen und kann wieder nach Herzenslust interpretieren.


(von Fiona Poppenwimmer)

Donnerstag, 17. September 2015

Eduard und das Waldbuch

Eduard Wexberg hatte viel zu tun bei
Archäologie am Berg 2015.
(Bild: F. Köstelbauer - NHM Wien)
Bei Archäologie am Berg 2015 hat Eduard Wexberg, ein ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien, ein über 200 Jahre altes Buch vorgestellt, das wir unseren Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten wollen. 

Das Buch lag ihm in einer 1:1 Kopie vor, das Original befindet sich im Welterbemuseum Hallstatt. Die Berechnung der Holzmengen war für das Unternehmen so wichtig, dass es einen professionellen Schreiber damit beauftragt hat, sämtliche im Einzugsbereich des Betriebes liegenden Waldungen und deren Besitzer zu erfassen und so den genauen Bestand an Holz in Relation zum Zustand des Bodens zu erheben.

Das Waldbuch, dessen Verfasser bis jetzt unbekannt ist, dokumentiert den Holzbedarf der Saline über 150 Jahre, bis zum Jahr 1947. Begonnen wurde es im Jahr 1798. Die Orte wurden darin durch eine Ziffernkombination codiert, die in den beigefügten Karten des Waldbuches rot vermerkt wurde. Da nur wenige Lokalisierungen aus den Tabellen des Buches tatsächlich in die Karten eingetragen wurden, geht Eduard davon aus, dass es  möglicherweise mehrere Exemplare des Werkes gegeben haben dürfte und beim Binden der verschiedenen Bücher ein Fehler passiert ist. Die Karten aus dem uns vorliegenden Band weisen nämlich nur zu einem kleinen Teil Ortscodierungen auf, während der überwiegende Teil diese vermissen lässt.

Für die Menschen aus Hallstatt und Umgebung war das Waldbuch bei "Archäologie am Berg" natürlich besonders interessant, weil darin die Besitzer der Waldungen verzeichnet sind, zu denen viele noch heute familiäre Bindungen haben. Auch die alten Flurbezeichnungen waren spannend zu lesen, denn sie sagen viel über die Geschichte des Ortes Hallstatt aus, eine Tatsache die sich heute - auch aufgrund der sprachlichen Weiterentwicklungen - oft nicht mehr ganz so leicht nachvollziehen lässt.

Die Veränderungen der Sprache und der Schreibweise stellen Eduard immer wieder vor neue Herausforderungen, wenn er Texte transkribiert, die in Kurrentschrift verfasst sind und auch noch oft lateinische Wörter oder Abkürzungen enthalten. Als Kurrentschrift (von lat. currere = laufen), bezeichnet man die allgemeine Schreibschrift, die im deutschen Sprachraum während der gesamten Neuzeit mindestens bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts genutzt wurde. Diese Schrift zu lesen war nicht nur Eduards frühes Interesse, sondern auch Teil seiner Ausbildung an der Höheren Abteilung für Reproduktionstechnik und Druckverfahren an der "Graphischen", der Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, die er - mittlerweile Dipl-HTL-Ing - abgeschlossen hat. Die Hallstatt-Forschung freut sich über diese speziellen Kompetenzen und Fähigkeiten, die Eduard Wexberg ihr - hoffentlich noch lange - zur Verfügung stellt.

(Von Carmen Löw)

Im Waldbuch sind die Wälder und deren Besitzer im Einzugsbereich der Saline über einen Zeitraum von 150 Jahren verzeichnet. (Bild: Welterbemuseum Hallstatt - NHM Wien)

Donnerstag, 10. September 2015

Eine Stiege geht mit der Zeit



Die mit Spannschlössern
verbundenen Wangenteile.
(Bild: Max Grabner)
Rund zehn Jahre ist es jetzt her, dass die aktuelle Rekonstruktion der Stiege aus dem Hallstätter Salzbergwerk gebaut wurde. Seitdem ist viel passiert. Die Stiege wurde vollständig freigelegt, abgebaut, technisch aufgenommen und wieder aufgebaut.

Es sind viele neue Erkenntnisse und Ideen dazu gekommen, von anderen hat man sich verabschiedet. Genaueres dazu können unsere geschätzten Leserinnen und Leser beispielsweise in den Posts von März und April 2014 oder in der Reihe zu unserem Experiment in Asparn nachlesen. Jedenfalls wurde es Zeit für eine neue Rekonstruktion.

Dieses Mal entschieden wir uns für ein kleines schmales Modell. Um eine Ahnung von dem Zeitaufwand zu bekommen, der für den Bau einer Stiege notwendig ist, wurde die Dauer jedes einzelnen Arbeitsschritt genau protokolliert.

Alles beginnt im Wald, beim Fällen und anschließendem Transport der benötigten Tannen und Fichten. Sobald die Stämme aus dem Wald gebracht sind, werden sie mit dem Beil auf die benötigte Länge gekürzt und entrindet. 

Die fertige Konstruktion, bereit
getestet zu werden.
(Bild: Max Grabner)
In die Wangen wird, ebenfalls mit dem Beil, eine Nut gehackt und Zapfenlöcher werden für die Spannschlösser gestemmt. Sind diese fertig, werden Spannschlösser aus jungen Eschen oder Buchen gefertigt und die zwei Wangen erstmalig verbunden.

Anschließend beginnt man, Stämme für die Auftritte und Distanzbretter zu spalten, die Flächen zu begradigen und die Verbindungen auszuhacken. Selbst für unsere nur zwei Meter lange Stiege sind 21 davon notwendig. Danach muss nur mehr alles zusammen gebaut werden.

Rechnet man den Zeitaufwand zusammen, den diese rund zwei Meter lange und 60 Zentimeter breite Konstruktion verursacht, kommt man auf nur 23 Stunden. Was noch hinzu kommt ist, dass man mit jedem neuen Teil schneller wird. Ungefähr zehn Stunden braucht man für einen Laufmeter Stiege, wie wir im Anschluss kalkulieren konnten. Mit anderen Worten: Die aufgefundene, vollständig erhaltene bronzezeitliche Stiege (mit 8m Länge und 1,4m Breite) hätte in 80 Stunden gefertigt werden können. Damit wären zwei Arbeiter im prähistorischen Hallstatt rund eine Woche lang beschäftigt gewesen.

Im Moment führen wir mit der neuen Rekonstruktion einen Abnutzungsversuch durch, bei dem wir einen Teil der Auftrittsbreite als Referenzfläche abgedeckt haben und aufzeichnen, wie oft über die Stiege gegangen wird. Daraus hoffen wir, neue Aufschlüsse zu den Abnutzungsspuren am Original zu erhalten.

(von Max Grabner)

Die Stiege während den Abnutzungstests (Bild: H. Reschreiter - NHM Wien)

Donnerstag, 3. September 2015

Zu Besuch bei den Römern

Gerald Grabherr führte über seine
Grabungsfläche. (Bild: H. Reschreiter -
NHM Wien)
Heute waren unsere beiden in Hallstatt derzeit tätigen Grabungsteams, das Team Bergwerk und das Team der archäologischen Baubegleitung, zum Tag der offenen Tür bei den Kolleginnen und Kollegen der Römergrabung eingeladen.

Neben dem Bürgermeister von Hallstatt, Alexander Scheutz, den Gemeinderatsmitgliedern und dem Musealverein Hallstatt ließen es sich auch Interessierte aus der Gemeinde nicht nehmen, selbst einen Blick in die römische Vergangenheit ihres Heimatortes zu werfen.

Der Standortleiter der Salzwelten in Hallstatt und Altaussee, Kurt Reiter, hielt eine einführende Rede. Er betonte, dass der zeitgerechten Abschluss der Grabungsarbeiten, der auch durch die gute Zusammenarbeit zwischen Saline und Salzwelten ermöglicht wurde, es gestattet, mit den Bauarbeiten für den neuen Shop der Salzwelten wie geplant in einer Woche zu beginnen. Die frühzeitige Einbindung der Archäologie in die Bauplanung hat sich bewährt.


Zu den Funden der Grabung zählt auch Mörtel,
wie er häufig für römische Bäder verwendet
wurde. (Bild: H. Reschreiter - NHM Wien)
Anschließend führte der Grabungsleiter Gerald Grabherr von der Universität
Innsbruck über die Grabungsfläche und erläuterte die guten Ergebnisse, die er und sein Team, das aus Studentinnen und Studenten der Universität Innsbruck und aus Archäologen des Oberösterreichischen Landesmuseum in Linz bestand, erreicht haben. Gerald Grabherr wies auf die Bedeutung der römerzeitlichen Siedlung in Hallstatt hin. Sie ist ein wichtiger, unverzichtbarer Bestandteil der 7000-jährigen Industriegeschichte des inneren Salzkammergutes. Leider ist sie bislang erst wenig erforscht.

Über das römerzeitliche Hallstatt weiß man bereits, dass die Siedlung recht groß und sehr qualitätvoll ausgestattet war. Es wird vermutet, dass dort hohe Verwaltungsbeamte lebten. Funde von feinem, römischem Tafelgeschirr, polychrome Wandmalerei-Fragmente und Reste von Fußbodenheizungen belegen den hohen Wert der Ausstattung.

Auch Mörtelfragmente kamen zu Tage, die jene, für römische Bäder und Thermenanlagen typische Ziegelsplitt-Beimischung aufweisen. Diese Funde machen es sehr wahrscheinlich, dass es auch im römerzeitlichen Hallstatt zumindest ein römisches Bad gegeben hat.

Wer keine Gelegenheit hatte, einen Blick auf die Grabung zu werfen, kann sich trösten: Es ist angedacht einen Teil der römerzeitlichen Mauern im späteren Shopbereich sichtbar zu lassen.



(Von Hans Reschreiter & Carmen Löw)

Scherben von feinem Tafelgeschirr und Fragmente von Wandmalerei belegen das hohe Ausstattungsniveau von Gebäuden der römerzeitlichen Siedlung. (Bild: H. Reschreiter - NHM Wien)